Kokodi, kokoda, krähe der Hahn, beklage der musikalische Kanon nicht schon gleichzeitig seinen Tod. Sein dadaistisches Stottern schreibt sich in di cocodi koko da, co-co, cocoda die Innenwände der Kestner Gesellschaft ein. Ist es das letzte Kratzen im Hahnenhals, das in zerstückelter Onomatopoesie im Raum verhallt? So viel ist gewiss, den nächsten Sonnenaufgang wird jener Hahn nicht mehr besingen. Dieser vollzieht sich in gleich vierfacher Ausführung an der Außenfassade der Kunstinstitution und kehrt dabei den Tag zur Nacht und die Nacht zum Tag. Vier Sonnen in einer Reihe - Vier gewinnt - Jackpot! Neonleuchtend lockt die Verheißung auf das große Glück auf der anderen Straßenseite in den labyrinthartigen Casino-Kosmos. Wer hier eintritt, begibt sich in ein anderes Zeitkontinuum: bei artifiziellem Schummerlicht lösen sich die Grenzen zwischen Tag und Nacht im Dunst der Rauchschwaden auf. Die Scheibe dreht sich, die Kugel rollt, der Zylinder rotiert, die Sonne lacht. Draußen ist es Nacht. In der Kunstinstitution gehen die Lichter aus. An ihrer Fassade geht die Sonne auf. Ein Zustandswechsel setzt ein, das einst harmonische Sonnenquartett erfährt einen plötzlichen Bruch. Vier Leuchtkästen in Disharmonie. Nr. 1 strahlt ein malerisch freundliches Lachen aus. Nr. 2 bringt das gesamte Fenster zum gleichmäßigen Leuchten. Nr. 3 ist komplett ausgefallen. Nr. 4 hat auch schon bessere Tage gesehen...
Mit seiner ortsspezifischen Intervention Fit In bringt Max Schaffer den institutionellen Raum in eine reziproke Kommunikation mit dem öffentlichen Raum. In ihren unterschiedlichen Zustandsformen fügen sich die Sonnen in die architektonische Bildsemantik der Jugendstilfassade ein und erweitern damit jene Narrative, mit der die Baureliefs auf die Funktion im Inneren des Gebäudes verweisen: einst öffentliche Badeanstalt, heute öffentliche Kunstinstitution. Die Textauszüge von „Le coq est mort“ schreiben sich im Inneren auf zarte Weise in den Ausstellungsraum ein und fordern von den BesucherInnen besondere Aufmerksamkeit, um nicht übersehen zu werden.
Elmas Senol